Reaktive Arthritis (postinfektiöse Arthritis)

Die Reaktive Arthritis ist wie die Bezeichnung bereits erahnen lässt eine Gelenkentzündung (Arthritis), die als Reaktion nach einer gelenkfernen Infektion auftritt. Zumeist handelt es sich bei dieser Infektion um eine bakterielle Infektion des Darmes, der Harn- und Geschlechtsorgane oder der Atemwege, wobei teilweise der auslösende Infekt nicht bemerkt wird.

Wer ist von der Reaktiven Arthritis betroffen?

Nach einer entsprechenden Infektion erkranken circa 1 – 5 % der Bevölkerung an einer Reaktiven Arthritis. In Deutschland wird die Häufigkeit einer Reaktiven Arthritis auf circa 0,05 % geschätzt. Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen. Die Mehrzahl Erkrankungen tritt vor dem 40. Lebensjahr auf.

Was sind die Ursachen der Reaktiven Arthritis?

Die genaue Pathogenese (Entstehung und Entwicklung) der Reaktiven Arthritis ist noch nicht geklärt. Zugrunde liegt ein Infekt des Darmes, der Harn- und Geschlechtsorgane oder der Atemwege. Nach etwa 2–4 Wochen kommt es „reaktiv“ zu einer Arthritis. Da sich zum Teil Erreger oder Erregerbestandteile in der Gelenkflüssigkeit nachweisen lassen, vermutet man, dass diese als Fremdstoffe eine Entzündungsreaktion hervorrufen. Diese beruht auf einer Erreger-getriggerten Immunantwort, welche dann die Entzündungsreaktion an den Gelenken verursacht. Es handelt sich NICHT um eine bakterielle infektiöse Arthritis

Wie äußern sich die Beschwerden der Reaktiven Arthritis?

Circa 2 – 4 Wochen nach einem Infekt des Darmes, der Harn- und Geschlechtsorgane oder der Atemwege können Schmerzen an Sehnen, Gelenken und auch an der Wirbelsäule auftreten. Patienten bemerken eine Morgensteife, Gelenkschwellungen und zum Teil auch  einen sogenannten entzündlichen Rückenschmerz mit frühmorgendlichem Erwachen (z. Bsp. 2 Uhr morgens). Zumeist sind die gewichttragenden Gelenke, sprich Hüft-, Knie- und Sprunggelenke betroffen. Die Beweglichkeit ist schmerzassoziiert eingeschränkt und der Allgemeinzustand kann reduziert sein. Neben Beschwerden des Bewegungsapparates können auch die Haut (z. Bsp. schmerzhafte, rötlich-bläuliche Knoten im Bereich der Sprunggelenke und Unterschenkel (im Sinne von Erythema nodosa) und die Schleimhäute sowie die Augen (Augenentzündungen) betroffen sein.

Wie wird die Diagnose der Rheumatoiden Arthritis gestellt?

Bei chronischen Gelenkbeschwerden mit nicht belastungsabhängiger Morgensteife und erhöhten Entzündungswerten sollte insbesondere bei familiärer Belastung grundsätzlich an die Möglichkeit einer Rheumatoiden Arthritis gedacht werden.

Zunächst wird der Rheumatologe den Patienten nach seinem allgemeinen Gesundheitszustand befragen (Anamnese). Dazu gehört das Erfragen von allgemeinen und speziellen Beschwerden, Vorerkrankungen sowie der aktuellen Medikation. Eine anschließende körperliche Untersuchung, Blutuntersuchung, bildgebende Untersuchungen (Röntgen, Sonographie, MR-Tomographie, etc.) führen schließlich zur Diagnosestellung.

Klassifikationskriterien

Die RA wird  mit Hilfe der Klassifikationskriterien der European League Against Rheumatism (EULAR) und des American College of Rheumatology (ACR) klassifiziert1. Gleichwohl die Klassifikationskriterien für Studienzwecke erstellt wurden sind diese bei der allgemeinen Diagnosestellung ebenfalls hilfreich.

Wie wird die Diagnose der Reaktiven Arthritis gestellt?

Werden Anzeichen für eine Reaktive Arthritis durch den Patienten oder betreuenden Hausarzt bemerkt, sollte, wenn möglich ein Spezialist, d. h. in diesem Fall ein internistischer Rheumatologe aufgesucht werden. Zunächst wird dieser den Patienten nach seinem allgemeinen Gesundheitszustand befragen (Anamnese). Dazu gehört das Erfragen von allgemeinen und speziellen Beschwerden, Vorerkrankungen, Risikofaktoren sowie der aktuellen Medikation. Anschließend erfolgt die körperliche Untersuchung und Blutuntersuchung inklusive der molekulargenetischen Bestimmung des HLA-B27. In Einzelfällen ist auch der Versuch eines Erregernachweises (z. Bsp. im Urin oder Stuhl) oder eine Antikörperbestimmung im Blut (hier vor allem Chlamydien-Antikörper) zu erwägen. Eine ergänzende Bildgebung (Gelenkultraschall, konventionelles Röntgen, Kernspintomographie oder 3-Phasenskelettszintigraphie) kann weitere, wichtige Informationen liefern.

Zentraler Bestandteil der Diagnosestellung ist die Bestimmung der Zellzahl und der Erregernachweis in der Gelenkflüssigkeit des betroffenen Gelenks. Hierfür ist eine Gelenkpunktion notwendig.

Andere Erkrankungen mit ähnlichen Beschwerden

Aktivierte Arthrose

Eine aktivierte Arthrose kann im Einzelfall schwer von der Gicht zu unterscheiden sein. Bei Befall der Fingergelenke ist die RA von der Fingerpolyarthrose schwer zu unterscheiden. Hier können die Anamnese, die körperliche Untersuchung, die Blutuntersuchung, die Bildgebung und vor allem die diagnostische Gelenkpunktion wesentliche Hinweise geben.

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Wie wird die Reaktive Arthritis behandelt?

Die moderne Therapie der Reaktiven Arthritis bündelt verschiedene Behandlungsansätze.

Allgemeinmaßnahmen durch den Patienten und die betreuenden Ärzte sind:

  • Regelmäßige Kontrollen beim Hausarzt und internistischen Rheumatologen zur Beurteilung der Krankheitsaktivität, Therapieüberwachung und Optimierung der kardiovaskulären Risikofaktoren (Blutdruck, Blutfette, Blutzucker, usw.)
  • Bedarfsweise psychosomatische oder psychotherapeutische Mitbetreuung
  • Austausch mit anderen Betroffenen (Selbsthilfegruppen)
  • Vermeidung von Übergewicht (Adipositas)
  • Ausgewogene Ernährung (z. Bsp. mediterrane Kost)
  • Ausreichende Kalzium- und Vitamin D-Zufuhr
  • Alkohol nur in Maßen
  • Verzicht auf Nikotin
  • Regelmäßiger, aerober Ausdauersport (z. Bsp. dreimal wöchentlich à 30)
  • Bedarfsweise ergo- oder physiotherapeutische Maßnahmen
  • Bedarfsweise nicht-medikamentöse und medikamentöse Schmerztherapie
Medikamentöse Therapie

Nur wenn es gelungen ist, den auslösenden Erreger der Reaktiven Arthritis nachzuweisen, insbesondere bei Chlamydien, ist eine antibiotische Therapie angezeigt. Eine abgeklungene Infektion sollte nicht mehr antibiotisch behandelt werden. In der akuten Phase kommen Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac (topisch, d. h. lokal in Salbenform und systemisch in Tablettenform) oder aber auch Kortison (intraartikulär im Sinne einer therapeutischen Gelenkinjektion und systemisch in Tablettenform) zur Anwendung. Kommt es zu einem längerfristigen oder chronischen Verlauf erfolgt eine Therapie mit Disease-modifying anti-rheumatic drugs (DMARD). Diese greifen in die Abläufe des Immunsystems ein und können die Entwicklung einer Arthritis bremsen und die Zerstörung von Gelenken abwenden. Konventionelle DMARDs (csDMARD) sind beispielsweise Methotrexat, Leflunomid oder Sulfasalazin. Bei fehlendem Therapieeffekt finden auch Biologika (bDMARD) oder synthetische DMARDs (tsDMARD) Anwendung.

 

 

Wie ist der Verlauf und die Prognose der Reaktiven Arthritis?

In circa 60 – 90 % der Fälle heilt die Reaktive Arthritis komplikationslos aus. Chronische Verläufe werden insbesondere bei HLA-B27-positiven Patienten und bei Patienten mit Beschwerden außerhalb des Bewegungsapparates gesehen.

Nützliche Adressen & Links

Berufsverband Deutscher Rheumatologen e.V.
E-Mail: sekretariat@bdrh.de
Internet: www.bdrh.de

Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V.
Maximilianstraße 14
53111 Bonn
Tel: 0228 / 76606-0
Fax: 0228 / 76606-20
Internet: www.rheuma-liga.de

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.
Geschäftsstelle
Luisenstraße 41
10117 Berlin
Tel: 030 / 24048470
Fax: 030 / 24048479
Internet: www.dgrh.de oder www.rheumanet.org

 

Literatur & Referenzen

1 Aletaha D, Neogi T, Silman AJ, et al.  2010 Rheumatoid arthritis classification criteria: an American College of Rheumatology/European League Against Rheumatism collaborative initiative.  Annals of the Rheumatic Diseases 2010;69:1580-1588.

2 Smolen JS, Landewé R, Bijlsma J, et al.  EULAR recommendations for the management of rheumatoid arthritis with synthetic and biological disease-modifying antirheumatic drugs: 2016 update.  Annals of the Rheumatic Diseases 2017;76:960-977.

3 Combe B, Landewe R, Daien CI, et al.  2016 update of the EULAR recommendations for the management of early arthritis.  Annals of the Rheumatic Diseases 2017;76:948-959.

4 https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/183-001l_S3_Osteoporose-Prophylaxe-Diagnostik-Therapie_2019-02.pdf

5 Goldacker S,  Gause A M and K. WarnatzK. Impfung bei erwachsenen Patienten mit chronisch entzündlichen rheumatischen Erkrankungen. Z Rheumatol 2013 · 72:690–704.

6 Götestam Skorpen C, Hoeltzenbein M, Tincani A, et al.  The EULAR points to consider for use of antirheumatic drugs before pregnancy, and during pregnancy and lactation.  Annals of the Rheumatic Diseases 2016;75:795-810.

In diesem Text wird der Einfachheit halber zumeist die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist dann in diesen Fällen selbstverständlich mit eingeschlossen.

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