Chondrokalzinose (Pseudogicht)

Bei der Pseudogicht lagern sich Calciumpyrophosphatkristalle in den Gelenken ab, sprich, es kommt zu einer Art Verkalkung im betroffenen Gelenk. Hierdurch kommt es zu Gicht-ähnlichen Beschwerden mit zum Teil starken Schmerzen, Schwellung, Rötung und Überwärmung der betroffenen Gelenke.

Wer ist von der Pseudogicht betroffen?

An der Pseudogicht erkranken vor allem ältere Menschen: circa 6 % der 60- bis 70-Jährigen und circa 30 % der über 80-Jährigen. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer.

Was sind die Ursachen der Pseudogicht?

Man unterscheidet zwischen der primären oder idiopathischen und der sekundären Pseudogicht, wobei der Pathogenese (Entstehung und Entwicklung) der primären Pseudogicht bis dato nicht geklärt ist. Ursache für die sekundäre Pseudogicht hingegen können folgende Erkrankungen sein: eine Nebenschilddrüsenüberfunktion (Hyperparathyroidismus), eine Eisen- oder Kupferspeicherkrankheit (Hämochromatose oder Morbus Wilson), ein Magnesiummangel, Gelenkfehlstellungen oder -veränderungen (z. Bsp. Arthrose) oder eine Hypophosphatasie.

Wie äußern sich die Beschwerden der Pseudogicht?

Man unterscheidet zwischen der asymptomatischen, d. h. beschwerdefreien, der akuten und der chronischen Pseudogicht.

Bei der akuten Pseudogicht kommt es zu plötzlich starken Schmerzen mit Schwellung, Rötung und Überwärmung der betroffenen Gelenke. Am häufigsten ist das Kniegelenk betroffen.

Bei der chronischen Pseudogicht kommt es in kurzen Abständen zu immer wiederkehrenden Gichtschüben mit plötzlich auftretenden, starken Schmerzen, Schwellung, Rötung und Überwärmung der betroffenen Gelenke und in der Folge zur Schädigung der Gelenke.

Wie wird die Diagnose der Pseudogicht gestellt?

Werden Anzeichen für eine Pseudogicht durch den Patienten oder betreuenden Hausarzt bemerkt, sollte, wenn möglich ein Spezialist, d. h. in diesem Fall ein internistischer Rheumatologe aufgesucht werden. Zunächst wird dieser den Patienten nach seinem allgemeinen Gesundheitszustand befragen (Anamnese). Dazu gehört das Erfragen von allgemeinen und speziellen Beschwerden, Vorerkrankungen sowie der aktuellen Medikation. Anschließend erfolgt die körperliche Untersuchung und Blutuntersuchung. Eine ergänzende Bildgebung (Gelenkultraschall, konventionelles Röntgen, Computer- oder Kernspintomographie) kann weitere, wichtige Informationen liefern.

Zentraler Bestandteil der Diagnosestellung ist der mikroskopische Nachweis von Calciumpyrophosphatkristallen in der Gelenkflüssigkeit des betroffenen Gelenks. Hierfür ist eine Gelenkpunktion notwendig.

Andere Erkrankungen mit ähnlichen Beschwerden

Aktivierte Arthrose
Eine aktivierte Arthrose kann im Einzelfall schwer von der Gicht zu unterscheiden sein. Bei Befall der Fingergelenke ist die RA von der Fingerpolyarthrose schwer zu unterscheiden. Hier können Anamnese, die körperliche Untersuchung, die Blutuntersuchung, die Bildgebung und vor allem die diagnostische Gelenkpunktion wesentliche Hinweise geben.

Polymyalgia Rheumatica
In seltenen Fällen kann auch die Halswirbelsäule von der Pseudogicht betroffen sein, was zu ähnlichen Beschwerden wie bei einer Polymyalgia Rheumatica führt. Man spricht dann von einem sogenannten Crowned-Dens-Syndrom. Hier können die Anamnese, die körperliche Untersuchung, die Blutuntersuchung und vor allem die Bildgebung (Computertomographie der Halswirbelsäule) Hinweise geben.

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Wie wird die Pseudogicht behandelt?

Die moderne Pseudogicht-Therapie bündelt verschiedene Behandlungsansätze. Allgemeinmaßnahmen durch den Patienten und die betreuenden Ärzte sind:

  • Regelmäßige Kontrollen beim Hausarzt und internistischen Rheumatologen zur Beurteilung der Krankheitsaktivität, Therapieüberwachung und Optimierung der kardiovaskulären Risikofaktoren (Blutdruck, Blutfette, Blutzucker, usw.)
  • Bedarfsweise psychosomatische oder psychotherapeutische Mitbetreuung
  • Austausch mit anderen Betroffenen (Selbsthilfegruppen)
  • Vermeidung von Übergewicht (Adipositas)
  • Ausgewogene Ernährung (z. Bsp. mediterrane Kost)
  • Ausreichende Kalzium- und Vitamin D-Zufuhr
  • Alkohol nur in Maßen
  • Verzicht auf Nikotin
  • Regelmäßiger, aerober Ausdauersport (z. Bsp. dreimal wöchentlich à 30 Minuten)
  • Bedarfsweise ergo- oder physiotherapeutische Maßnahmen
  • Bedarfsweise nicht-medikamentöse und medikamentöse Schmerztherapie
Medikamentöse Therapie

Man unterscheidet grundsätzlich die kurzfristige Therapie des akuten Pseudogichtanfalls und die langfristige Therapie zur Vermeidung neuerlicher Pseudogichtanfälle.

Zur Therapie des akuten Pseudogichtanfalls stehen Nicht-steroidale Antirheumatica (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac, Kortison (intraartikulär im Sinne einer therapeutischen Gelenkinjektion und systemisch in Tablettenform) und Colchicin (Wirkstoff der Herbstzeitlosen) zur Verfügung. Bei schweren Verlaufsformen kann der Einsatz der Biologika Anakinra oder  Canakinumab diskutiert werden (»off-label-Therapie«).

Die langfristige Therapie zur Vermeidung neuerlicher Pseudogichtanfälle umfasst Colchicin (Wirkstoff der Herbstzeitlosen). In schweren Fällen kann auch ein Antimalaria-Mittel (z. Bsp. Hydroxychloroquin) oder das konventionelle Disease-modifying anti-rheumatic drug (csDMARD) Methotrexat eingesetzt werden.

In diesem Text wird der Einfachheit halber zumeist die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist dann in diesen Fällen selbstverständlich mit eingeschlossen.

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